Carry Trade: Definition, Beispiele & Risiken

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Carry Trade: Definition, Beispiele & Risiken

Der Carry Trade ist eine der ältesten Anlagestrategien. War diese Form der Geldanlage in der Vergangenheit nur professionellen und international vernetzten Anlegern vorbehalten, können heutzutage auch Privatanleger über Broker sehr einfach Carry Trades ausführen. Ihre Einfachheit und ihr Renditepotenzial machen Carry Trades sowohl bei Profi- als auch bei Privatanlegern zu einer sehr beliebten, wenn auch sehr riskanten Anlagestrategie. Jeder Anleger sollte deshalb die Grundzüge des Carry Trades sowie die Vorteile und Risiken dieser Anlagestrategie kennen.

Definition eines Carry Trades

Bei einem Carry Trade (oft auch „Currency Carry Trade“ bzw. auf Deutsch „Zinsdifferenzgeschäft“ genannt) handelt es sich um eine Anlagestrategie, bei der du einen Kredit in einer Währung mit niedrigem Zinsniveau aufnimmst, um das Geld anschließend in zinstragende Wertpapiere einer anderen Währung mit einem höheren Zinsniveau anzulegen. Bei einem Carry Trade machst du dir somit die Zinsdifferenz zwischen zwei Ländern bzw. Währungspaaren zunutze.

Beispiel für einen Carry Trade

Angenommen sei, dass ein Anleger einen Carry Trade in den beiden meistgehandelten Währungen weltweit, dem Euro und dem US-Dollar, durchführt. Der Anleger will mit seinem Carry Trade von der Zinsdifferenz zwischen der Euro-Zone und den USA profitieren.

Angenommen, der Anleger leiht sich 100.000 Euro auf Euro-Basis zu einem Zinssatz von einem Prozent. Mit dem geliehenen Geld kauft er sich US-Staatsanleihen (auf Dollar-Basis) zu einem Zinssatz von drei Prozent. Die Zinsdifferenz zwischen der Ausleihung (in Euro) und der Investition (in Dollar) beträgt somit zwei Prozent. Diese Zinsdifferenz (der sogenannte „Carry“) stellt den Gewinn des Anlegers dar.

Voraussetzung für einen Gewinn in Höhe der Zinsdifferenz ist jedoch, dass der Wechselkurs zwischen dem Euro und dem US-Dollar stabil bleibt. Neben den Zinssätzen stellt der Wechselkurs die zweite Variable eines Carry Trades dar. Durch eine vorteilhafte Veränderung des Wechselkurses hat der Anleger eine zusätzliche Chance, die Rendite seines Carry Trades zu erhöhen. Angenommen sei, der Kurs des Euros gegenüber dem US-Dollar fällt im Anlagezeitraum des Anlegers um fünf Prozent von 1,00 auf 0,95 US-Dollar pro Euro. Da der Anleger seinen Kredit in Euro zurückzahlen muss, profitiert er von dieser Wechselkursveränderung. Zusätzlich zum Gewinn aus der Zinsdifferenz i.H.v. zwei Prozent macht der Anleger einen Wechselkursgewinn i.H.v. fünf Prozent und steigert somit seine Gesamtrendite auf sieben Prozent.

Da sich Wechselkurse jedoch in zwei Richtungen bewegen können, kann die Veränderung des Euro-Dollar-Kurses auch negativ für den Anleger sein. Angenommen sei, der Kurs des Euros steigt im Anlagezeit um fünf Prozent von 1,00 auf 1,05 US-Dollar pro Euro. Da der Anleger seinen Kredit in Euro zurückbezahlen muss, ist eine Kurssteigerung des Euro gegenüber dem Dollar nachteilig für ihn. Die Wechselkursveränderung macht seine gesamte Rendite aus dem Carry zunichte und sorgt für eine negative Gesamtrendite i.H.v. drei Prozent (zwei Prozent Zinsdifferenz minus fünf Prozent Wechselkursveränderung).

Varianten des Carry Trades

In der Praxis existieren zwei verschiedene Varianten des Carry Trades: Die positive und die negative. Bei der positiven Carry Trade Variante leiht sich ein Anleger Geld in einer Währung mit einem niedrigen Zinssatz und kauft damit eine Geldanlage in einer Währung mit einem hohen Zinssatz (siehe das Beispiel im Abschnitt zuvor). Anleger gehen positive Carry Trades in der Annahme ein, dass die Währung mit dem höheren Zinssatz ihren Wert halten wird oder es sogar zu einer Aufwertung der Währung kommt. In diesem Fall erhält der Anleger sowohl den Gewinn aus der Zinsdifferenz als auch einen Zusatzgewinn aus der Aufwertung der Anlagewährung.

Bei einem negativen Carry Trade leiht sich ein Anleger Geld in einer Währung mit einem hohen Zinssatz und legt das Geld in einer Währung mit einem niedrigeren Zinssatz an. Was auf den ersten Blick nach einer unvernünftigen, weil verlustbringenden Anlagestrategie aussieht, ist auf den zweiten Blick eine Wette auf die Entwicklung der Wechselkurse des Währungspaares. Bei einem negativen Carry Trade erwartet der Anleger eine Aufwertung der Währung mit dem niedrigeren Zinssatz (die Anlagewährung) gegenüber der Währung mit dem höheren Zinssatz (die Kreditwährung). Der Anleger geht bei einem negativen Carry Trade davon aus, dass die Wechselkursaufwertung den Verlust aus der Zinsdifferenz überkompensieren wird.

Zinszahlung bei Carry Trades

Die Art der Zinszahlung bei Carry Trades unterscheidet sich von Zinszahlungen bei anderen Geldanlagen. Anleger, die zum Zeitpunkt des Tagesschnitts an einem internationalen Devisenmarkt (Forex-Handel) noch eine offene Position haben, sind zu einer Zinszahlung berechtigt. In der Praxis bedeutet das, dass du für deine Geldanlage in einer bestimmten Fremdwährung jeden Tag eine Zinszahlung erhältst.

Hinzu kommt, dass du beim Forex-Handel nicht das gesamte Handelsvolumen mit eigenem Geld hinterlegen musst, sondern nur eine Sicherheitsmarge, die in der Praxis bei unter einem Prozent des Handelsvolumens liegt. Die Verzinsung bezieht sich hingegen auf den gesamten Anlagebetrag. Damit wird die Verzinsung deiner Anlage automatisch „gehebelt“.

Vorteile eines Carry Trades

Der größte Vorteil eines Carry Trades, der auch die große Beliebtheit dieser Anlagestrategie begründet, ist das hohe Renditepotenzial. Bei einem Carry Trade kannst du nicht nur Gewinne aus Zinsdifferenzen zwischen verschiedenen Ländern der Welt verbuchen, sondern hast zusätzlich die Chance, diese Zinserträge durch vorteilhafte Wechselkursänderungen noch zu steigern.

Ein weiterer Vorteil des Carry Trades ist, dass er keine technischen Kenntnisse und keinen Recherche-Aufwand wie bei Aktien und sonstigen Anlageformen erfordert. Insofern kannst du Carry Trades über ein Anlagekonto bei einem Broker relativ einfach abwickeln. Und nicht zuletzt kannst du durch den Einsatz von Produkten mit Hebelwirkung den Renditeeffekt eines Carry Trades noch zusätzlich vervielfachen.

Risiken eines Carry Trades

Carry Trades können aufgrund ihrer Abhängigkeit von Wechselkursschwankungen einer relativ hohen Volatilität unterliegen. Vor allem Währungen, die kein besonders hohes Handelsvolumen aufweisen, haben an den Finanzmärkten nicht selten große Schwankungsbreiten. Die Schwankungen der Wechselkurse können den Zinsdifferenzgewinn eines Carry Trades jedoch sehr schnell zunichte machen.

Zudem sind die Zinssätze von Ländern immer abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Staates. In diesem Zusammenhang solltest du außerdem berücksichtigen, dass in vielen Staaten der Welt der Einfluss der Politik auf die Notenbank sehr groß ist und dementsprechend Zinsentscheidungen häufig eher politisch (und weniger ökonomisch) motiviert sind.

Diese Kombination aus unvorhersehbaren Wechselkursänderungen und Zinsentscheidungen nationaler Notenbanken kann die positive Rendite eines Carry Trades in kürzester Zeit ins Gegenteil verkehren. Deshalb solltest du bei der Durchführung von Carry Trades immer ein professionelles Risikomanagement betreiben. Ein wichtiges Element dieses Risikomanagements ist die Setzung eines Stop Loss, um größere Kursverluste zu vermeiden. Dies gilt vor allem, wenn du deine Trades gehebelt hast.

Unterschied zwischen Carry Trade und Arbitrage

Häufig wird ein Carry Trade von Anlegern oder in Publikationen als Arbitrage-Geschäft bezeichnet. Diese Bezeichnung ist jedoch nicht korrekt. Bei einem Arbitrage-Geschäft kaufen und verkaufen Anleger Währungen an verschiedenen Handelsplätzen zum selben Zeitpunkt, um minimale Preisunterschiede zu ihren Gunsten auszunutzen. Im Unterschied zu einem Carry Trade, der häufig über einen längeren Zeitraum eingegangen wird, werden bei einem Arbitrage-Geschäft die offenen Handelspositionen innerhalb kürzester Zeit geschlossen. Arbitrageure gehen folglich im Gegensatz zu Carry Tradern keine Marktrisiken hinsichtlich der Entwicklung von Zinsen und Wechselkursen ein.

Carry Trade-Renditen in der Praxis

Gemäß der Theorie der Zinsparität dürfte eine Anlageform wie der Carry Trade in der wirtschaftlichen Praxis keine positive Rendite erwirtschaften. Zahlreiche Studien, in denen das Renditepotenzial von Carry Trades über verschiedene Zeiträume untersucht wurden, haben jedoch ergeben, dass Carry Trades durchaus ein-, teilweise sogar zweistellige Renditen erwirtschaften. Hintergrund ist, dass Anleger ihr Geld häufig in Märkten mit hohen Zinsen investieren, was wiederum zu einer Aufwertung der jeweiligen Währung führt. Damit ergänzen sich der Zinsdifferenz- und der Wechselkurseffekt in der Praxis oftmals.

Zudem kamen mehrere Studien zu den Renditen von Carry Trades zum Ergebnis, dass die Volatilität dieser Anlagestrategie zum Teil deutlich unter jener der internationalen Aktienmärkte lag. Damit stellen Carry Trades grundsätzlich eine Anlagestrategie mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Profil dar.

Die zahlreichen Finanzmarktkrisen der letzten beiden Jahrzehnte haben jedoch ebenso gezeigt, dass Carry Trader sehr hohe Risiken eingehen, die beim plötzlichen Ausbruch einer Krise innerhalb kürzester Zeit hohe negative Renditen zur Folge haben können. Auf dem Höhepunkt der globalen Finanzmarktkrise im Jahr 2008 sahen sich Carry Trader innerhalb weniger Wochen mit Verlusten im zweistelligen Prozentbereich konfrontiert. Auch im Jahr 2011, als die internationalen Finanzmärkte im Zuge der Griechenland-Krise abermals unter hoher Nervosität litten, verzeichneten viele Carry Trades höhere Verluste.

Diese Beobachtungen legen nahe, dass Carry Trades nur in einem wirtschaftlich guten bzw. ruhigen Umfeld positive Renditen erwirtschaften, nicht jedoch in wirtschaftlich schwierigen bzw. unruhigen Zeiten. Eine der Erklärungen dafür ist, dass sich Anleger in Krisenzeiten tendenziell aus riskanten Anlagen wie Hochzinswährungen zurückziehen und ihr Geld lieber in (vermeintlich) sicheren Währungen wie dem US-Dollar, dem Euro und dem japanischen Yen anlegen. Dies hat zur Folge, dass die Kurse von Hochzinswährungen oft schlagartig fallen, während niedrig verzinste Währungen, wie Dollar, Euro oder Yen starke Kursanstiege verzeichnen. Carry Trades können in einem derartigen Umfeld keine positiven Renditen mehr erwirtschaften.

Fazit zum Carry Trade

Ob ein Carry Trade letztlich ein spekulatives Geschäft darstellt, lässt sich abschließend nicht eindeutig beurteilen. Fakt ist jedoch, dass Anleger bei dieser Art der Geldanlage größere Risiken eingehen. Ein Carry Trade geht unter dem Strich nur auf, wenn es eine erhebliche Zinsdifferenz zwischen zwei Währungen gibt und diese Differenz während das Anlagezeitraums nicht von einer negativen Wechselkursentwicklung „aufgefressen“ wird.

Um von einer möglichst hohen Zinsdifferenz zu profitieren, legen viele Anleger ihr Geld in Hochzinsländern wie Brasilien, Russland oder der Türkei an. Die Kehrseite der Medaille einer derartigen Anlagestrategie sind jedoch die starken Wechselkursschwankungen, denen die Währungen dieser Länder häufig an den Finanzmärkten ausgesetzt sind. Diese führen in der Anlagepraxis nicht selten dazu, dass die Strategie eines Carry Trades aufgrund gegenläufiger Wechselkursentwicklungen nicht aufgeht und Anleger höhere Verluste in Kauf nehmen müssen.

Grundsätzlich scheint es für Privatanleger daher ratsam zu sein, das Geschäft mit Currency Carry Trades professionellen Anlegern zu überlassen. Die Einschätzung der weltweiten Entwicklung von Zinsen und vor allem von Wechselkursen gehört zu den komplexesten Herausforderungen an den Finanzmärkten überhaupt.