Derivate: Definition, Erklärung & Beispiele

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Derivate: Definition, Erklärung & Beispiele

Derivative Finanzinstrumente spielen global eine wichtige Rolle, um den Austausch von Waren und Dienstleistungen im Gleichgewicht zu halten. Derivate sind nützlich, weil sie dabei helfen, Transaktionen – zum Beispiel über Währungsgrenzen hinweg – zu erleichtern. Hier erfährst du mehr zu Derivaten und liest einige Rechenbeispiele, die verdeutlichen, wie die Derivate in der Praxis funktionieren.

Derivate: Definition

Zu den Besonderheiten der Derivate gehört, dass diese Finanzinstrumente keinen eigenen Wert besitzen. Bei Derivaten leitet sich der Wert stattdessen von einem damit verbundenen Vermögenswert ab, den wir als Basiswert bezeichnen. Das Wort Derivate stammt vom lateinischen derivare („ableiten“).

Bei Derivaten handelt es sich um gegenseitige Verträge, deren wirtschaftlicher Wert vom beizulegenden Zeitwert einer Referenzgröße abhängt. Im Englischen bezeichnet man diese Referenzgröße oder diesen Basiswert als underlying. Zu diesen Basiswerten gehören Wertpapiere oder auch finanzielle Kennzahlen sowie Handelsgegenstände.

Um die Definition besser zu verstehen, sollten wir dir einige der verwendeten Begriffe näher erklären. Der beizulegende Zeitwert zum Beispiel ist ein wichtiges Wertkonzept aus der Fair Value-Bewertung von Vermögenswerten und Schulden. Beim beizulegenden Zeitwert handelt es sich schlicht um den Marktpreis. Dieser bildet sich auf dem freien Markt aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Bei den Wertpapieren als Basiswert wiederum handelt es sich zum Beispiel um Aktien oder Anleihen. Möglich ist auch, dass sich das Derivat von einer finanziellen Kennzahl wie etwa einem Zinssatz oder einem Index ableitet, ebenso wie von Handelsgegenständen wie Rohstoffen oder Edelmetallen.

In der Praxis verwenden wir den Begriff Derivat häufig auch einfach als Sammelbegriff für Termingeschäfte. Termingeschäfte schließt du zum Tageskurs ab, die Erfüllung folgt jedoch erst zu einem späteren vereinbarten Zeitpunkt. Manchmal werden die Derivate auch als synthetische Finanzinstrumente bezeichnet.

Derivate: die Arten im Überblick

Die Ausgestaltung von Derivaten ist in der Praxis besonders vielfältig. Es ist daher kaum möglich, hier einen erschöpfenden Überblick über die auftretenden Derivate zu bieten. Die folgenden, besonders wichtigen Arten von Derivaten solltest du jedoch kennen:

Futures

Mit einem Future verpflichtest du dich, in der Zukunft einen Vermögensgegenstand zu einem festgelegten Zeitpunkt und zu einem vorher vereinbarten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen. Die Besonderheit bei Futures besteht darin, dass es sich um standardisierte, an der Börse gehandelte Finanzinstrumente handelt. Die Standardisierung bietet Vorteile in Hinblick auf die Handelbarkeit, die Transparenz und die Transaktionskosten. Futures lassen sich wiederum in eine Vielzahl von Kategorien unterteilen, in Abhängigkeit davon, was gehandelt wird. Zu nennen sind zum Beispiel die „financial futures“, bei denen Wertpapiere als Basiswert dienen, oder die „commodity futures“ auf Rohstoffe wie etwa Erdöl.

Optionen

Optionen gehören ebenfalls zu den Derivaten. Während es sich bei einem Future um eine Verpflichtung zum Kauf oder Verkauf und damit um ein unbedingtes Termingeschäft handelt, beinhalten Optionen das Recht zum Kauf oder Verkauf und sind damit bedingt. Vertraglich wird ein fester Kurs, eine bestimmte Frist oder ein bestimmter Zeitpunkt vereinbart zu dem dann die Transaktion erfolgen kann (aber nicht muss). Dieses Recht erhältst du gegen Zahlung einer Prämie in einer gewissen Höhe. Im Unterschied zu den Futures sind Optionen nicht standardisiert und wir handeln sie üblicherweise außerbörslich.

Swaps

Swaps bezeichnen einen Tausch, zu dem sich zwei Vertragspartner zu einem Zeitpunkt in der Zukunft verpflichten. Typisch ist zum Beispiel der Tausch von festen oder variablen Euro- und Dollar-Zinssätzen. Swaps sind ein wichtiges Instrument bei der Absicherung gegen Zins- und Währungsrisiken. Weiterhin dienen sie als Spekulationsinvestment.

Zertifikate

Mit Zertifikaten handeln wir Schuldverschreibungen mit derivativen Bestandteilen. Eine Schuldverschreibung ist eine Anleihe, bei der der Besitzer der Urkunde nicht namentlich benannt ist, was die Übertragung erleichtert. Der Unterschied zur Standardanleihe besteht darin, dass keine feste Verzinsung stattfindet, sondern das Zertifikat eine Teilhabe an der Wertentwicklung eines Basiswerts vorsieht. Zertifikate sind strukturierte Finanzprodukte, die Banken vor allem an Privatkunden verkaufen. Auch hier bestehen wieder zahlreiche Unterkategorien wie die Bonuszertifikate, die Hebelzertifikate oder die Garantiezertifikate.

Derivate einfach erklärt: Beispiel

In diesem ersten und einfacheren Beispiel betrachten wir ein Unternehmen A, das in eine Lagerhalle investieren möchte, die von einem anderen Unternehmen B übernommen werden soll. Das Unternehmen A ist sich nicht ganz sicher, ob die Lagerhalle in zwölf Monaten tatsächlich benötigt wird, die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch. Auch andere Konkurrenten könnten ein Interesse an der Lagerhalle haben, um ihre Kapazitäten zu erweitern.

Das Unternehmen A entscheidet sich daher für eine Option, um sich die Lagerhalle zu sichern. Die Option umfasst das Recht, sich in zwölf Monaten die Lagerhalle zu einem vorher vereinbarten Preis von 800.000 Euro zu kaufen. Entscheidend ist hier, dass der Kauf nicht zwingend ist. Falls der Bedarf in einem Jahr entfallen sollte, kann Unternehmen A die Option auch einfach verfallen lassen. Hierin besteht natürlich ein Vorteil für Unternehmen A und ein Nachteil für Unternehmen B, da sich die Lagerhalle während des einen Jahres nicht anderweitig verkaufen lässt. Aus diesem Grund zahlt Unternehmen A an Unternehmen B zum Ausgleich eine Prämie, die hier 35.000 Euro beträgt. Das ist es Unternehmen A wert, sich den Kauf der Lagerhalle als Option ein Jahr lang offen zu halten.

Derivate Beispiel: CFD

Die Differenzkontrakte stammen ursprünglich aus dem Investmentbanking und dienen der Absicherung gegen Kursschwankungen und als Spekulationsinstrument. Differenzkontrakte heißen im Englischen „contract for difference“ bzw. kurz „CFD“. Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine bestimmte Form eines Total Return Swaps. Während einer bestimmten Laufzeit vereinbaren zwei Parteien den Austausch von Wertentwicklung und Erträgen eines Basiswerts gegen eine Zinszahlung.

In diesem Beispiel kaufst du insgesamt 20 DAX-CFDs zu einem Preis von jeweils 8.000 Euro. Die Position besitzt damit insgesamt eine Größe von 160.000 Euro. Der Einkauf erfolgt bei einem DAX-Stand von 13.000 Punkten. Der Kurs dieses CFDs leitet sich also vom Indexstand des DAX ab.

Die Position beträgt 160.000 Euro, es ist jedoch nicht erforderlich, einen Kapitaleinsatz in gleicher Höhe vorzunehmen. Stattdessen hinterlegst du als CFD-Trader eine sogenannte Margin, die zum Beispiel ein Prozent betragen kann. In unserem Rechenbeispiel sind also bei einem Prozent nur 1.600 Euro erforderlich, um ein Kapital in Höhe von 160.000 Euro zu hebeln. Damit ist es auch einfach, den hier wirksamen Hebel auszurechnen, dieser liegt nämlich genau bei 100.

Spannend ist nun, was bei einer Kursänderung geschieht. Ändert sich der Kurs zum Beispiel um fünf Prozent, steigt die Position um 8.000 Euro (5 Prozent von 160.000). Natürlich ist auch eine Wertentwicklung in die andere Richtung möglich. Darin besteht das Risiko, wenn du mit einer hohen Hebel-Wirkung handelst. Es genügt bereits, dass der DAX um 500 Punkte bzw. um etwa 3,8 Prozent fällt (500 geteilt durch den Indexstand von 13.000) und der Kontrakt fällt sofort um etwa 6.153 Euro (3,8 Prozent von 160.000 Euro).

Das entspricht einem Verlust des CFD-Kontrakt-Werts von mehr als 100 Prozent. In der Vergangenheit bestand hier sogar die Möglichkeit der Nachschussplicht. Mit einer Allgmeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aus dem Jahr 2017 jedoch dürfen Kontrakte mit einer solchen Nachschusspflicht immerhin nicht mehr angeboten werden. Dennoch wäre der CFD im oben beschriebenen Beispiel im Wert verfallen.